a) SängerIn
b) Band
c) Technische Geräte
d) Filmmusik aus dem Off
e) Musikalische Mittel
f) Musikalische Dramaturgie
g) Instrumente
h) Musikalische Stile
Die Filmmusik ist eine wesentliche Informationsquelle für das Filmpublikum, was die Emotionen der jeweils im Bild agierenden Figuren angeht.
Meist kommt sie aus dem Off und wird von einem Orchester gespielt. Es handelt sich um klassisch orchestrierte Filmmusik, die überwiegend tonal ist – zumindest für heutige Hörgewohnheiten.
Die Filmmusiken unterscheiden sich untereinander sehr wohl in Verwendung und Häufung ihrer Dissonanzen (viele bei Miklós Rósza, wenig bei Erich Kornfeld, vgl. PORFIRIO 2001, S.170f).
Die musikalischen Quellen können im Bild vorkommen, also Teil der Filmwelt sein oder aus dem Off kommen, dann ist die Musik für die Filmfiguren nicht hörbar.
Vor allem weibliche Figuren tanzen oder singen häufig im film noir (z.B. Lauren Bacall in “The Big Sleep”, 1946) aber auch männliche, vgl. die Rolle des summenden und singenden Wally Fays in „Mildred Pierce“, 1945 oder Robert Mitchums Singen als psychopathischer Verfolger in “Night of the Hunter”, ab Min. 8:50).
Es gibt aber auch pfeifende Figuren (vgl. der Beginn von “Where the Sidewalk Ends”, 1950, oder der Garagenarbeiter in „Hollow Triumph“, 1948). Summen und Pfeifen steht meist für In-Sich-Versunkenheit oder gute Laune der Figuren.
Wenn Hauptfiguren selbst ein Instrument spielen, dann tun sie das entweder vor Publikum (vgl. Ida Lupino als Barpianistin und Sängerin mit “One for my Baby” (ab Min. 1:15) in „Road House“, 1948) oder Gilda in nachdenklicher Stimmung und ohne großes Publikum (vgl. “Put the Blame on Mame” in “Gilda”, 1946).
Manche der films noirs haben auch einen eigens für sie komponierten Titelsong: „As Time Goes By“ in „Casablanca“ (1942) oder „Put the Blame on Mame“ in „Gilda“ (1946).
Diese Titelsongs bringen das Thema des Films auf den Punkt und eignen sich außerdem dazu, von den Hauptfiguren in bedeutsamen Momenten im Film selbst gesungen zu werden.
Die Darstellung von Bands (meist mit Klavier und Streichinstrumenten oder Klavier, Schlagzeug und Blasinstrumenten) geschieht häufig nebenbei und im Hintergrund.
Die Bands bestehen dabei fast immer aus Männern, die Anzüge tragen (entweder schwarze Smokings, z.B. „Dark City“, 1950, oder bei Jazzbands ausgeflippte Outfits mit gestreiften Sakkos und karierten Krawatten, z.B. „D.O.A.“, 1950).
Im Film „D.O.A.“ wird die afroamerikanische Jazzband in der Lokalszene, in der der Protagonist vergiftet wird, als besonders wild und in musikalischer Ekstase gezeigt; sie stellt damit auch das pure Leben dar – genau das, was der der Protagonist am Filmanfang sucht (eine ähnlich ausgelassene, afroamerikanische Band z.B. in „Kiss Of Death“, 1947).
Technische Geräte wie Schallplatte, Radio oder Jukebox dienen oft als Quelle von Musik im Bild.
Das besondere an Radio und Schallplatte ist, dass sie sich beide in Privaträumen befinden können und damit Musik, die von vielen Musikern gespielt wird, in der Intimität von ein oder zwei Filmfiguren gehört werden kann.
Bei der Jukebox ist es genau umgekehrt; sie steht in der Öffentlichkeit (Lokal, Diner) und die Musikauswahl kann auch von anderen getroffen werden (was immer wieder Konflikte provoziert: z.B. „Abenteuer in Wien“, 1952 oder „The Blue Dahlia“, 1946).
Filmmusik aus dem Off ist meist von einem (großen) Orchester eingespielt und ist nur für das Publikum wahrnehmbar.
Sie dient dazu, Szenen eine bestimmte Stimmung oder Atmosphäre zu verleihen und unterstützt emotionale Höhepunkte der Szenen.
Der Einsatz der musikalischen Mittel ist dabei deutlich codiert:
Zur Wahl stehen Temposteigerung oder -verlangsamung, Aufsteigen oder Fallen der Melodie, Steigerung der Klangdichte und Wahl der Instrumente (z.B. Trommeln für Herzschlag).
Ist z.B im Bild eine Figur zu sehen, die eilig Treppen hinunterläuft, wird das fast immer von einer hektisch fallenden Musik begleitet.
Läuft eine Figur eine Stiege hinauf, läuft im allgemeinen auch die Melodie in der Musik hinauf.
Szenen haben meistens einen Höhepunkt, der durch die Musik unterstrichen wird (vor allem in Szenen ohne Dialog):
Dieser Höhepunkt manifestiert sich musikalisch darin, dass die Melodie (oft Geigen oder Bläser) die Spitzentöne erreicht und der Rhythmus nach einer Steigerung (= Beschleunigung) ebenfalls zu einem Höhepunkt kommt. Die Entspannung wird entsprechend umgekehrt inszeniert.
Die musikalisch unterstützten Höhepunkte können innerlich oder äußerlich sein:
Innerliche Höhepunkte sind häufig das Begreifen einer Figur, z.B. Dana Andrews in „Where The Sidewalk Ends“ (1950) ab Min 1:50, als er begreift, dass er den Verdächtigen getötet hat oder auch Barbara Stanwyck in „The Strange Love of Martha Ivers“ (1946), als sie begreift, dass Van Heflin, mit dem sie sich eben an den Mord an ihrer Tante erinnern will, diesen nicht gesehen hat.
Äußerliche Höhepunkte sind z.B. in „The Spiral Staircase“ (1945) ab Min. 1:14:30 die Flucht und das schlussendliche Entkommen vor dem Mörder, das durch die Musik unterstützt wird.
Generell ist zu unterscheiden, ob Filme ständig von Musik untermalt sind (Musik wird eher als Hintergrundbespielung wahrgenommen, z.B. „Spellbound“, 1945) oder die Musik immer nur kurz und plötzlich in den spannungsreichsten Momenten eingesetzt wird (Musik wirkt hoch expressiv und dramatisch, z.B. „Night And The City“, 1942).
Auch die Wahl der Instrumente ist zumeist ähnlich: Schlaginstrumente (Trommeln, Pauken) repräsentieren den Herzschlag einer Figur oder des Publikums.
Die Melodieinstrumente entwickeln in den höheren Lagen einen besonders schrillen, unangenehmen Klang (Geigen, Bläser wie Trompeten), der einerseits an Warnsignale, andererseits an Schreie erinnert, und entsprechend an Höhepunkten von gefährlichen oder spannenden Szenen platziert wird.
In den tieferen Lagen klingen die Melodieinstrumente angenehm und begleiten spannungsarme Szenen (Schlussszenen von Filmen oder Liebesszenen).
Der Film „Lady In The Lake“ ist z.B. nicht nur eine Subjektive des ermittelnden Detektivs in Filmlänge, sondern hat als Musik ständig einen engelsgleichen Chor, der seine dramatische Wirkung z.B. durch schnelleres und höheres Singen steigern kann.
Es gibt auch ein besonderes, elektronisches Instrument, das im Zusammenhang mit spannenden Momenten eingesetzt wurde: das Theremin.
Es hat einen hohen, singenden Klang, der durch die elektronische Bauart zustande kommt, und wurde zum Markenzeichen von Miklós Rósza, der es als Komponist bei den Filmen „Spellbound“ (1945), „Lost Weekend“ und „The Red House“ einsetzte (PORFIRIO 2001, 172-173).
Der hohe, singende Klang des Theremin steht in diesen Filmen für eine sich zuspitzende, unheimliche Spannung (Konzert mit der Filmmusik von “Spellbound”, Theremin ab Min. 4:00).
Auch im Film „The Spiral Staircase“ (1945), für den Roy Webb die Musik komponierte, erklingt dieses Instrument jedesmal, wenn der Mörder sich nähert und jeden Moment mit einem neuen Mord zu rechnen ist.
Wenn ein musikalisches Motiv auf diese Weise einer bestimmten Figur zugeordnet wird und einsetzt, bevor die Figur auftaucht oder wenn die Figur in einer Szene zu sehen ist, fungiert es als Leitmotiv (z.B. Robert Mitchums Singen als psychopathischer Verfolger in “Night of the Hunter”, ab Min. 8:50)
Die Musik selbst evoziert nicht nur eine Stimmung, sondern verrät auch, woher die Filmemacher kommen – durch die jeweilige musikalische Herkunft oder Form (definiert durch Instrumente, Rhythmus und Tonalität).
Typisch für den film noir ist z.B. Jazzmusik: das einsame oder vom Klavier begleitete Saxofon, während leere Straßen bei Nacht gezeigt werden, ist schon ein beinahe archetypischer Noir-Sound, der auch in Neo Noirs weiterhin verwendet wird (vgl. das Saxofon im Soundtrack von Bernard Herrmann in „Taxi Driver“, 1976, oder von John Barry in „Body Heat“, 1981, aber auch das geheimnisvolle Klavier in der Filmmusik von John Ottmann zu „The Usual Suspects“, 1995)
Auch lateinamerikanische Rhythmen und Big Bands werden häufig verwendet (z.B. von Henry Mancini in der Eröffnunsgszen von „Touch Of Evil“, 1958 oder von Franz Waxmann für „Dark Passage“, 1947).
Europäische Einflüsse sind in Anlehnungen an Schönbergs Atonalität auszumachen (z.B. bei Adolphe Deutschs Musik für „The Maltese Falcon“, 1941, oder „The Mask Of Dimitrios“, 1944), aber auch in Anlehnung an russische Komponisten wie Rimsky-Korsakov oder Rachmaninoff (vgl. die Musik von Max Steiner für „The Big Sleep“, 1946).
Immer wieder tauchen Akkordeonklänge, die an französische Musik erinnern, ebenso wie das Motiv des Wiener Walzers auf (gepfiffen wie in „Hollow Triumph“, 1948, oder vom Orchester gespielt wie am Anfang von „Shadow Of A Doubt“, 1943).