2.2 Figuren *

Kapitelübersicht:

a) Häufige männliche Figuren
b) Häufige weibliche Figuren
c) Vergleich von männlichen und weiblichen Figuren
d) Figurentypen, die fehlen
e) Mischformen


Im film noir überwiegen die männlichen Protagonisten und männliche Erzählerstimmen (eine Ausnahme bildet „Mildred Pierce“ (1945), hier gibt es eine weibliche Protagonistin und weibliche Erzählerstimme, oder auch „Kiss Of Death“ (1947), obwohl es einen Protagonisten gibt, beginnt und beschließt eine Frauenstimme den Film aus dem Off, was nicht ganz passt).

Das Figurenensemble eines film noir besteht aus Figuren, die verschiedene Funktionen erfüllen:
Der Protagonist ist die (männliche) Identifikationsfigur, aus seinen Augen erlebt man die Geschichte, mit ihm fühlt man mit.
Antagonisten können Männer oder Frauen (femme fatale) sein, es kann auch zwei geben (von Plot und Subplot). Antagonisten sind gerne „Loki“-Typen, also ambivalente Figuren, die zuerst Freund, später Feind sind (z.B. Clifton Webb als der Unterstützer und Mörder in „Laura“, 1944).

Oft gibt es eine ältere oder erfahrenere Figur (Mentor), die weise Ratschläge erteilt oder dem Protagonisten hilft (z.B. Michael Checkhov als Psychoanalytiker und Lehrer von Ingrid Bergmann in „Spellbound“, 1945, Lillian Gish als Ma Cooper in „The Night Of The Hunter“, 1955).
Clowneske Figuren sind ebenfalls häufig, sie lockern mit ihrer körperlichen Komik die düstere Stimmung im film noir auf (der Priester, der ständig über sein Rad fällt in „I Confess“, 1953, das afroamerikanische Dienstmädchen mit der hohen Stimme in „Mildred Pierce“, 1945).
Eine Art gottgleiche Wahrheitsfinderfunktion kommt der Figur des Psychoanalytikers zu – meist männlich, steht er über allen anderen Figuren und ist der Polizei von analytischer Seite her oft überlegen.

Die Figuren sind v.a. durch Macht charakterisiert, die sich durch Geld, Status oder Beruf manifestiert. Bei Frauen ist Macht sehr häufig mit sexueller Attraktion gleichzusetzen, eher selten mit Geld oder Beruf (Ausnahme: „Fallen Angel“, 1945, „The Strange Love Of Martha Ivers“, 1946). Machtlose Männer haben ebenfalls kein Geld, setzen ihren Körper aber auch nicht als sexuelle Attraktion ein.


a) Häufige männliche Figuren
Da die Figuren im film noir sich häufig ähneln bzw. sich wiederholen, lässt sich eine Auflistung der häufigsten männlichen Figuren wie folgt erstellen:

  • Der wahrhaft Liebende
    Er liebt mit reinem Herzen und ohne Hintergedanken, ist oft sensibel und der Liebe zu (s)einer Frau bedingungslos unterworfen, selbst wenn sie ihn nicht mehr liebt (z.B. „Gun Crazy“, 1950, „I Confess“, 1953,  Ex-Ehemann in „Mildred Pierce“, 1945, Ehemann in „Strange Love of Martha Ivers“.)
  • Der treue Kumpel
    Der beste Freund eines Mannes, der zu ihm steht, alles für ihn tut, manchmal von ihm bezahlt wird und/oder mit ihm beruflich zusammenarbeitet und ihn nach seinem Tod beweint, meist homosexuell konnotiert (z.B. Ed Beaumont in „The Glass Key“, 1942, Johnny in „Gilda“, 1946, der Co-Ganove in „The Big Combo“, 1955, der Co-Mechaniker in „Kiss Me Deadly“, 1955).
  • Der gütige mächtige, ältere Mann
    Sein Ziel ist es, eine Figur (Protagonisten) zu unterstützen. Dabei wird er als sympathisch, mitfühlend und/oder auch humorvoll gezeigt (z.B. Polizeichef in „Kiss Of Death“, 1947, Ingrid Bergmanns früherer Lehrer und Psychoanalytiker in „Spellbound“, 1946).
  • Der Wahrheitssuchende
    Er ist zynisch (Philipp Marlowe in „Lady in The Lake“, 1947), getrieben (Mike Hammer in „Kiss Me Deadly“, 1955) oder leidend (Dana Andrews in „Where The Sidewalk Ends“, 1950). Sein Ziel ist es, die Wahrheit herauszufinden, egal, ob er von Beruf Privatdetektiv, Polizeibeamter oder Versicherungsagent ist. Macht erhält er durch sein gutes Aussehen, seine Waffe, sein Geschick in der Sache und durch das Recht auf seiner Seite.
    Er ist meist heterosexuell, Alkoholiker und Kettenraucher und verliebt sich manchmal während der Ermittlung (= Subplot).
    Er will meist für sich selbst die Wahrheit finden: um sich selbst zu beweisen, dass er recht hat, um seinen Job gut zu machen, um die Bösen hinter Gitter zu bringen (z.B. Humphrey Bogart in „The Big Sleep“, 1946, und „The Maltese Falcon“, 1941, Dana Andrews in „Where The Sidewalk Ends“, 1950, und „Fallen Angel“, 1945, der Versicherungsagent in „The Killers“, 1946, der hochmotiviert einen Versicherungsbetrug aufklärt, „D.O.A.“, 1950).
  • Der Psychoanalytiker
    Ein Arzt im weißen Mantel, er ist eher älter (grau- bis weißhaarig) und trägt oft eine Brille. Er ist ein meist etablierter Arzt und/oder Berater bei polizeilichen Ermittlungen; er fällt ein medizinisches Urteil (oft über Frauen), das meistens richtig ist und selten angezweifelt wird.
    Er sitzt häufig in seiner Praxis hinter einem Schreibtisch, und wird meist als omnipotent inszeniert: er beherrscht Psychoanalyse und Hypnose, kann aber auch Medikamente verschreiben.
    Er ist heterosexuell, und durchaus auch an seinen Patientinnen interessiert. Wenn er den weißen Mantel auszieht, agiert er als Mann. (Z.B. der Arzt in „The Dark Mirror“ (1946) und in „Possessed“ (1947), interessanterweise auch der Arzt in „Whirlpool“ (1949), dessen Frau an Kleptomanie leidet und der er nur Medikamente (Valium) verschreibt, ihr anders aber nicht helfen kann.)
  • Der homosexuelle Mann
    Er lebt – für Wissende – erkennbar als homosexueller Mann bzw. wird mit bestimmten Eigenschaften assoziiert, die ihn erkennbar werden lassen: Oft verwendet er Parfum, er ist meist sehr stilvoll angezogen (teure Anzüge) und lebt sehr kultiviert (legt auf schöne Einrichtung, Gemälde, gutes Essen viel Wert) und häufig handelt es sich um einen vergleichsweise kleinen Schauspieler, der von der körperlichen Statur her eher schmal und drahtig wirkt (z.B. Peter Lorre in „The Maltese Falcon“, 1941, der ältere Freund und Mentor in „Laura“, 1944, der reiche Ehemann in „Gilda“, 1946).
  • Der von einer reichen Frau ausgehaltene Mann (schwach)
    Er sieht gut aus und ist betont lässig und selbstbewusst im Auftreten; schwach ist er nur in finanzieller Hinsicht. Sein Ziel ist es, sich von Frauen aushalten zu lassen, da er selbst kein oder zuwenig Geld verdient (bzw. sein ererbtes Vermögen ausgegeben hat). Seine Macht erhält er durch sein Aussehen und Auftreten bzw. durch seinen gekonnten Umgang („Charme“) mit Frauen (z.B. in „Laura“, 1944, „Mildred Pierce“, 1945).
  • Der junge Getriebene
    Ein ehrgeiziger Aufsteiger, der (oft beim mächtigen Alten) in der beruflichen Hierarchie aufsteigen und eben so viel Macht und Geld haben will. Er ist jung und sieht gut aus – was ihn in einigen Filmen attraktiv für die Frau an der Seite des alten, mächtigen Ehemannes macht (z.B. Glenn Ford in „Gilda“, 1946, Johnny Garfield in „The Postman Always Rings Twice“, 1946, Richard Widmark in „Night And The City“, 1950)
  • Der böse, mächtige, ältere Mann
    Sein Ziel ist es, seine Macht durch den Besitz einer Frau, von Geld oder von beruflichem Status zu erhalten; er versucht, alles nach seinem Willen zu planen und zu manipulieren. Die Wünsche seiner Frau übersieht er prinzipiell; alles, was für ihn zählt, sind die eigenen Bedürfnisse, Lebenspläne und Machtansprüche.
    (Als heterosexuell inszeniert: der Ehemann in „The Postman Always Rings Twice“,1946, der Firmenboss in „The Big Clock“, 1948, der betrügerische Politiker Madvig in „The Glass Key“, 1942;  der Finanzier des Überfalls in „The Asphalt Jungle“, 1950)
    (Als homosexuell inszeniert: der ältere Freund und Mentor in „Laura“, 1944, der reiche Ehemann in „Gilda“, 1946;)
    (Eine seltene weibliche Version: die böse, mächtige, ältere Mutter in „Desert Fury“, 1947.)
  • Der lässig Desinteressierte
    Der lässig Desinteressierte lässt sich durch attraktive Frauen nicht verwirren – er benutzt sie, solange er möchte, und wenn sie ihn nicht mehr interessieren, entfernt er sich wieder, hängt aber nicht mit zu viel Emotionen an ihr.
    Gerade damit treibt er die Frau, die sich in ihn verliebt hat (die er möglicherweise dazu gebracht hat, mit ihm zu schlafen), in den Wahnsinn (z.B. Van Heflin in „Possessed“, 1947, Robert Mitchum in „Angel Face“,1953).
  • Der homme fatal
    Diese Figur ist der Mann (oft Detektiv) in seiner ultratoughen Ausprägung, völlig undurchsichtig und undurchschaubar, weil er nicht nach Erwartungshaltung funktioniert, d.h. sich von einer sexuell attraktiven Frau nicht angezogen fühlt und damit von ihr nicht beherrschbar wird.
    Er ist emotional vermutlich gestört, weil er mit seinen Gefühlen nicht zurechtkommt bzw. einen für das Filmpublikum nicht nachvollziehbaren Hass auf Frauen hat, er hat aber durchaus sexuelle Beziehungen zu Frauen (nur nicht immer zu der, die eine mit ihm will) (z.B. Ed Beaumont, Helfer des Antagonisten in „The Glass Key“, 1942, Philipp Marlowe in „Lady In The Lake“, 1947, Mike Hammer in „Kiss Me Deadly“, 1955, vgl. SILVER 1996, 200).
  • Der Besessene
    Diese Figur ist sichtlich verrückt, oftmals ein Verbrecher und/oder Mörder, mit dem unbedingten Ziel, etwas zu erreichen (Erfolg, damit verbunden Frau, Geld oder Macht/Rache) – oft mit sehr bewegter Mimik und “diabolischem Lachen” (z.B. Richard Widmarks Charaktere in „Kiss of Death“, 1947, „Road House“ 1948, „Night and The City“, 1950) oder auch mit unbewegter Mimik (Mörder in „The Spiral Staircase“, 1945, Robert Mitchum in „The Night Of The Hunter“, 1955).
  • Der Scharlatan
    Diese Figur ist der Wissenschafter/Arzt in seiner bösen Ausformung: als der verbrecherische Helfer oder der Verbrecher. Seine Macht erlangt er durch Wissen um Seele und Körper, das er gegen das Wohl der ihm anvertrauten PatientInnen einsetzt (z.B. Antagonist in „Whirlpool“, 1949, Nebenfigur in „Kiss Me Deadly“, 1955).


b) Häufige weibliche Figuren
Auch unter den weiblichen Figuren gibt es im film noir immer wiederkehrende Charaktere:

  • Die wahrhaft Liebende
    Sie liebt mit reinem Herzen und ohne Hintergedanken. Die wahrhaft Liebende wird als guter Engel, als Freundin in der Not und/oder Mutterersatz des Mannes und nicht nur als sexuell anziehend inszeniert (z.B. die Sekretärin in „Hollow Triumph“, 1948, Arbeitskollegin in „Cat People“, 1942, Ingrid Bergmann in „Spellbound“, 1945, die Schwester in „Leave Her To Heaven“, 1947).
  • Die sittsame Ehefrau
    Sie ist erkennbar am hochgeschlossenen Kostüm, am dezenten Schmuck, an den zurückgekämmten Haaren, an den kleinen Hütchen.
    Als sittsame Ehefrau verhält sie sich loyal zu ihrem Ehemann; egal, was dieser getan hat oder was diesem vorgeworfen wird. Sie leidet mit und für ihren Ehemann, glaubt an das Gute in ihm, wenn es nicht mehr danach aussieht, sie stellt sein Glück und seine Bedürfnisse über ihre eigenen.
    Selbstverständlich flirtet sie nicht einmal zum Spaß mit anderen Männern. Auch lässt sie sich vom Ehemann küssen – und küsst ihn nicht; sie wirkt eher passiv und reagierend, denn Aktivität würde sexuelle Erfahrenheit unterstellen, und die hat eine ehrbare Frau nicht (z.B. Ehefrau in „The Big Clock“, 1948, Alice Faye in „Fallen Angel“, 1945).
  • Die Unschuldige (die Naive)
    Sie ist gut aussehend (d.h. trägt leicht figurenbetonte oder etwas ausgeschnittene Kleider), aber ahnungslos darüber, darum ist sie auch nicht stark: weil sie über ihre Waffen als Frau (Schönheit, erotische Anziehungskraft) nichts weiß, kann sie sie auch nicht einsetzen, weswegen sie einen Mann braucht, der sie beschützt und ihr notfalls das Leben rettet.
    Sie hat ein gutes Herz, Anstand und Verständnis, aber auch Naivität, weil sie die Bosheit der sie umgebenden Menschen nicht durchschaut (durchschauen kann); sie ist sozusagen die Personifikation der idealen Ehefrau, das Vorstadium der „sittsamen Ehefrau“ (z.B. Gene Tierney in „Laura“, 1944, „Whirlpool“, 1949, „Black Widow“, 1954 und „Where The Sidewalk Ends“, 1950, aber auch Ruth in „The Dark Mirror“, 1946).
  • Die treue Freundin
    Die treue Freundin ist verlässliche Begleiterin der Protagonistin, deren Bedürfnisse sie über ihre eigenen stellt (z.B. die ehemalige Chefin im Restaurant, die später Mildreds Mitarbeiterin wird und privat und beruflich zu ihr hält in „Mildred Pierce“, 1945).
  • Die gütige, mächtige, ältere Frau
    Eine ältere Frau, die durch ihr Alter (bzw. ihre Erfahrungen, Geld, Besitz) in der Lage ist, jüngeren Menschen zu helfen (z.B. Lillian Gish als Ma Cooper in „The Night Of The Hunter“, 1955, oder Ethel Barrymore als Mutter mit dem Jagdgewehr in „The Spiral Staircase“, 1945).
  • Die Wahrheitssuchende
    Diese Frau ermittelt und will unter allen Umständen die Wahrheit herausfinden – fast immer, um jemand anderen zu retten, eher selten sich selbst (z.B.: um ihre Familie zu retten in „Shadow Of A Doubt“, 1943, um einen Freund zu retten in „Stage Fright“, 1950 oder um den geliebten Mann zu retten in „Stranger On The Third Floor“, 1940, in „Spellbound“, 1946, in „Secret Beyond The Door“, 1947).
  • Die Starke
    Sie braucht einen Mann – aber nicht aus finanziellen Gründen, sondern als ebenbürtigen Partner an ihrer Seite, der sie versteht und mit ihr mithalten kann. Sie ist nicht ganz so erotisch anziehend inszeniert, dafür tritt sie aber in Beruf und männlicher Gesellschaft äußerst selbstbewusst auf.
    Die „starke“ Frau“ besitzt durchaus eigene Mittel (z.B. eine eigene Firma, eigenes Geld), was es ihr vermutlich erst ermöglicht, sich den gewollten Mann nicht nach der Größe seiner Brieftasche auszusuchen. (z.B. Barbara Stanwyck in „The Strange Love Of Martha Ivers“, 1946, Lauren Bacall in „The Big Sleep“, 1946, Joan Bennett in „Secret Beyond the Door“, 1947, oder auch Ida Lupino in „Road House“, 1948, die aber eine Mischung zwischen der starken Frau und der Femme fatale ist.)
  • Die von einem reichen Mann ausgehaltene Frau
    Diese Frau muss nicht zwangsläufig eine femme fatale sein, sie kann auch einfach nur als schöne Frau inszeniert sein, die gerne einen gewissen Lebensstil hat (einkaufen geht, schöne Kleider und Schmuck mag) und dafür mit einem Mann zusammenlebt, der viel Geld hat (ein Gangster, Zeitungstycoon, etc.).
    Dieser Mann lässt sie oft spüren, dass er sie aushält, sie wird eher nicht gut oder respektvoll von ihm behandelt, (z.B. sie wird von ihm ermordet in „The Big Clock“, 1948, Marilyn Monroe wird von ihm dominiert in „The Asphalt Jungle“, 1950, Gloria Graham wird von ihm das halbe Gesicht mit kochendem Wasser verbrannt in „The Big Heat“, 1953).
  • Die femme fatale
    Sie braucht Männer als Mittel zum Zweck (für ihre Befreiung, Selbstbestätigung, Unabhängigkeit). Sie ist gutaussehend und, weil sie davon weiß, unberechenbar. Typisch für sie ist ihr Augenaufschlag, ihre vollen (oder auf voll geschminkten) Lippen, ihre freizügigen oder figurenbetonten Kostüme und die Tatsache, dass sie oft singen und tanzen kann.
    Die femme fatale ist meist mittellos, sie übt keinen Beruf aus und besitzt oft nur das Geld, dass sie sich erheiratet oder erschwindelt hat. Grundsätzlich umweht sie ein Hauch von Mysteriösität und Einsamkeit; sie ist nicht genau einschätzbar oder berechenbar, oft scheint sie zuerst vertrauenswürdig und stellt sich später als Lügnerin heraus.
    Sie erhält ihre Macht durch ihr Aussehen und ihre sexuelle Anziehungskraft auf Männer.
  • Die Besessene
    Sie will unbedingt einen bestimmten Mann haben; er steht für alles, was ihr Leben lebenswert macht. Ohne ihn kann sie nicht sein. Die von einem bestimmten Mann „besessene“ Frau ist gut aussehend, wird aber emotional als äußerst labil und hysterisch inszeniert.
  • Womöglich wendet sich der Mann von ihr ab, weil sie ihn so will – oder weil sie machtlos ist (zu wenig Geld, Status, nicht mehr jung und schön genug, etc.).
    Diese Abwendung verursacht ihr Leid, weil sie keinen eigenen bzw. anderen Lebensinhalt hat, muss sie sich an ihn klammern oder ihn sogar töten; wenn sie ihn nicht bekommt, soll ihn keine bekommen. (z.B. Joan Crawford in „Possessed“ (Trailer), 1947, Gloria Swanson in „Sunset Boulevard“, 1950 ,Ginger Rogers in „Black Widow“, 1954).
  • Die böse, (mächtige) ältere Frau
    Häufig sind es Nebenfiguren, die als ältere, entweder manipulierende oder keifende Frau dargestellt werden und das Schicksal der Protagonisten beeinflussen.
    Oft sind ältere Frauen zwar bösartig, aber selten sind sie mächtig – als Frau (noch dazu als ältere) haben sie entweder etwas gesellschaftliche oder finanzielle Macht, können aber mit der Macht eines Mannes vom Typ „älterer, mächtiger böser Mann“ nicht mithalten (z.B. Vermieterin in „Stranger On The Third Floor“, 1940, Icey in „Night Of The Hunter“, 1955)


c) Vergleich von männlichen und weiblichen Figuren
Die Verteilung von Figurentypen scheint auf den ersten Blick ähnlich zu sein, doch bei genauerer Betrachtung fallen wesentliche Unterschiede auf:

  • Der ausgehaltene Mann vs. die ausgehaltene Frau
    Wird ein Mann von einer reichen Frau ausgehalten, wird er verhältnismäßig gut und respektvoll behandelt (vgl. „Laura“, 1944, „Mildred Pierce, 1945). Ein solcher Mann wird als begehrt inszeniert, d.h. es gibt meist mehr als eine Frau, die an ihm interessiert ist („Laura“ (1944): Laura und ihre Schwester, „Mildred Pierce“ (1945): Mildred und ihre Tochter) und er hat wenig Bedenken, bei nachlassendem Interesse der einen eine (sexuelle) Beziehung mit der anderen einzugehen.Wird eine Frau von einem reichen Mann ausgehalten, wird sie verhältnismäßig schlecht behandelt: sie wird dominiert („The Asphalt Jungle“, 1950), gedemütigt und körperlich verletzt („The Big Heat“, 1953) oder auch ermordet („The Big Clock“, 1948).
    Eine solche Frau hat einiges zu erleiden, um ein Leben in Luxus oder zumindest ein sorgenfreies Leben führen zu können, die im film noir ausgehaltenen Männer scheinen das nicht in diesem Ausmaß ertragen zu müssen.
  • Die femme fatale vs. der homme fatal
    Das „Fatale“ (d.h. Verhängnisvolle) an Frauen ist im film noir die Tatsache, dass man(n) ihr meistens nicht vertrauen kann, was ihn von ihr wegtreibt, während sein Begehren (bzw. ihre sexuelle Attraktion) ihn zu ihr hintreibt. Er „verfällt“ ihrer (sexuellen) Anziehungskraft (oder vielmehr seinem diesbezüglichen Trieb) und weil er ahnt, dass das (von seiner Seite aus) falsch ist, befürchtet er (s)ein schlimmes Ende (das tatsächlich kommt).
    Die Schuld an seinem Schicksal wird in der Literatur dabei gerne der femme fatale gegeben, die meisten Männer werden dadurch als triebgesteuert und daher frei von jeglichem Denken dargestellt, damit aber auch von ihrer (Mit)Schuld freigesprochen.
    Das Fatale (Verhängnisvolle) an Männern ist im film noir der Frauenhass, den sie mehr oder weniger deutlich ausleben: durch Worte, durch ihr Verhalten zu Frauen, durch ihre Taten.
    Auf herabsetzende Aussagen, auf ablehnende Behandlung reagiert die Frau meist, indem sie den so agierenden Mann nicht aus der Wohnung wirft, sondern ihn „mit Liebe überschüttet“: sie pflegt ihn nach einer Prügelei gesund oder besucht ihn im Krankenhaus, sie sucht ihn immer wieder auf, gibt seinen Wünschen nach, lässt sich beleidigen, ohne mit der Wimper zu zucken, berührt oder küsst ihn, obwohl er eindeutig nicht will.
    Durch das Filmende wird oft demonstriert, dass sie recht hatte und nur ein unbedeutender Grund den Mann daran hinderte, ihr seine längst empfunden Liebe zu zeigen (wie in „The Glass Key“, 1942).
  • Die ältere (mächtige) böse Frau vs. der ältere, mächtige, böse Mann
    Zwar gibt es beide Figurentypen im film noir, die ältere, böse Frau ist allerdings lange nicht so mächtig wie ihr entsprechender männlicher Gegenpart: Das liegt daran, dass Frauen generell eher nicht (und ältere schon gar nicht) Zeitungstycoons, Politiker, Gangster, Polizeichefs, Richter oder Finanziers von Raubüberfällen sind.


d) Figurentypen, die fehlen:

  • Es fehlt: der unschuldige (naive) Mann
    Der unschuldige, fast naive Mann, der gut aussieht und eine (Ehe)Frau braucht, die ihn vor dem Bösen der Welt bewahrt, sozusagen ein Äquivalent zu Gene Tierney, die durch ihre häufige Besetzung als „die Unschuldige“ sozusagen der Prototyp dafür ist, existiert nicht.
    Es gibt zwar naive Männer, die im Strudel der Handlung zu Ganoven werden (oder es schon sind), an schief laufenden Raubüberfällen teilnehmen und unschuldig im Knast landen, doch es sind (wenn überhaupt) befreundete Männer, die ihnen helfen (z.B. der unschuldig verurteilte Taxifahrer in „Stranger On The Third Floor“, 1940).
  • Es fehlt: der starke Mann
    Die beschriebenen Figurentypen stellen teilweise extreme Ausprägungen dar, häufig ist, dass sie gemischt auftreten. So kommt bspw. die starke Frau oft gemischt mit der femme fatale vor (Barbara Stanwyck in „The Strange Love Of Martha Ivers“, 1946).
    Der starke Mann fehlt hingegen völlig: Er ist wie als Beimischung in jeder männlichen Figur vorhanden (außer im Mann, der sich von einer Frau aushalten lässt), so, als ob fast jeder film noir Mann automatisch Macht und Stärke hat, entweder durch sein Wissen (der Plan für den Juwelenraub, medizinisches Wissen), sein Auftreten (Physis, sozial geschickter Umgang), durch sein soziales Netzwerk (Schlägertypen, einflussreiche Leute) oder durch seine Besitztümer (seine momentanen, wie Geld, Auto, Frau, Haus, oder seine zukünftigen, wie Juwelen, Geldkoffer, etc.).
    Wenn ein film noir Mann machtlos ist, muss und kann er sich diese Macht häufig selbst holen (durch Hartnäckigkeit oder ein  Verbrechen). Eine Frau muss sich die Macht eher über oder mithilfe eines Mannes holen (Prostitution, Täuschung, Überredung zu Mord oder Verbrechen)
  • Es fehlt: der sittsame Ehemann
    Auch der sittsame Ehemann ist eine Figur, die es so nicht gibt: Diese Figur beinhaltet finanzielle Machtlosigkeit, kaum vorhandene oder sehr gut verborgene Sexualität, Loyalität zur Ehefrau und treues Umsorgen derselben.
    Es gibt zwar Ehemänner, die finanziell machtlos sind (z.B. „Mildred Pierce“, 1945), aber diese sind weder loyal noch sexuell inaktiv. Genauso gibt es Ehemänner, die sehr loyal sind und die Ehefrau weiter lieben, auch wenn sie vor Gericht bestätigt, einen anderen zu lieben (z.B. „I Confess“, 1953), doch diese Ehemänner sind wohlhabend und besitzen eine große Villa.
    Ein (Ehe)Mann, so scheint es, der in wirtschaftlicher und in sexueller Hinsicht als schwach inszeniert wird, ist von keinem Interesse, weder für Filmemacher noch für Filmpublikum – Frauen hingegen schon, sie werden immerhin noch als mütterlich und umsorgend dargestellt.
    Das männliche Äquivalent dazu ist am ehesten – der Butler (wirtschaftlich und sexuell schwach, aber loyal und mütterlich (d.h. mit Essen) umsorgend). Allerdings sind es überwiegend Männer, die sich einen Butler leisten können.
  • Es fehlt: die lässig Desinteressierte
    Eine Frau, die eine Affäre mit einem Mann hat, dann diesen nicht mehr will und sich lässig, d.h. ohne Tränen zu vergießen, von ihm abwendet, gibt es kaum. Die Frauen im film noir wollen die Männer fast immer – entweder als Mittel zum Zweck oder aus Liebe. Möglicherweise wollen sie nicht jeden Mann, der vorbeiläuft, aber doch zumindest einen (häufig den Protagonisten).
    Eine Frau, die äquivalent zu Van Heflin („Possessed“, 1953) oder Zachary Scott („Mildred Pierce“, 1945) nach dem Ehemann dessen Sohn zum Liebhaber nimmt, gibt es nicht.
  • Es fehlt: die homosexuelle Frau
    Während der homosexuelle Mann durch seine Inszenierung erkennbar und durch seine Darstellung im Film als existent in der Gesellschaft anerkannt wird, gibt es das für die homosexuelle Frau (ebenso wie für Transgender-Personen) nicht in diesem Ausmaß. In der Literatur finden sich zwar Beschreibungen von homosexuellen Frauen (im Sinne der maskulin auftretenden und burschikos gestylten Frau), doch diese sind lange nicht so selbstverständlich und häufig wie von Männern.
    Möglicherweise verbergen sich aber hinter besonders tiefen und krisenfesten Frauenbeziehungen homosexuelle Beziehungen (z.B. „Mildred Pierce“, 1945) – falls dem so ist, sind diese sehr gut verborgen, denn es gibt keine Anspielungen darauf, im Gegensatz zu Beziehungen zwischen Männern (vgl. „Moontide“, 1942).
    Im Film „Bound“ (1996) erklärt die femme fatale, sie prostituiere sich für Geld (und ist daher mit einem Gangster liiert), aber in Wirklichkeit stehe sie auf Frauen. In der Annahme, dass das stimmt, bedeutet das, dass auch im Jahr 1996 (in dem der Film spielt), Frauen noch nicht so mächtig sind, als dass es sich für sie auszahlen würde, sich von einer reichen Frau aushalten zu lassen – dazu muss immer noch ein Mann herhalten, als erhielte ein Mann durch sein Geschlecht einen automatischen Zugang zu Macht und damit Geld.
  • Es fehlt: Die Psychoanalytikerin und die Scharlatanin
    Obwohl Frauen bereits Mitte des 19. Jahrhunderts an Universitäten in den USA zugelassen waren, gibt es kaum eine Frau, die Wissenschafterin oder Ärztin im film noir ist (Ausnahmen: Ingrid Bergmann als Psychoanalytikerin in „Spellbound“, 1945, die Figur der Psychoanalytikerin als femme fatale in „Nightmare Alley“, 1947).
    Andererseits gibt es überwiegend Krankenschwestern, kaum Krankenpfleger. Die daraus resultierende Macht (Status, Einkommen) bleibt im Film fast ausschließlich Männern vorbehalten.

e) Mischformen von Figuren
Wie schon erwähnt stellen die beschriebenen Figurentypen teilweise extreme Ausprägungen dar; häufig ist, dass sie gemischt auftreten.

So z.B. in „The Strange Love Of Martha Ivers“ (1946): Barbara Stanwyck ist hier als Mischung einer „starken Frau“ inszeniert, die aber Züge einer „verrückten Frau“ hat, weil sie eine obsessive Liebe zu Van Heflin empfindet und ihn unbedingt zum Weiterleben braucht. Sie muss scheitern, da sie nicht genügend erotisch anziehend wirkt – stets ist sie zugeknöpft gekleidet (abgesehen natürlich davon, dass sie den Mord an ihrer Tante verschuldet hat, wenn auch in Notwehr, s. Abb. rechts:)

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Die andere Frau dieser Dreiecksgeschichte, Lizabeth Scott (in der Abb. links), wird als Kontrast zu ihr inszeniert: Lizabeth Scott stellt die gutherzige, „unschuldige“ Ehefrau in spe dar, die scheinbar selbstlos handelt und zum Mann über ihre Nebenbuhlerin sagt, diese wäre nicht gut für ihn. In einer Schlüsselszene wird sie neben der hochgeschlossen gekleideten stark-verrückten Frau (Barbara Stanwyck) in einem sehr knappen Badedress gezeigt; sie ist also eine Mischung der sittsamen Ehefrau und der femme fatale.
Der Grund liegt auf der Hand: Stanwycks Figur besitzt bereits finanzielle Unabhängigkeit und muss sich vor dem gewollten Mann nicht mehr durch erotische Kleidung als Lustobjekt inszenieren; sie glaubt, die gemeinsame Erinnerung an ein furchtbares Erlebnis in der Kindheit reicht aus, um ihn Liebe empfinden zu lassen (womit sie übrigens irrt).

Figuren ins Gegenteil verkehrt
Wenn eine typischerweise eher männlich besetzte Figur von einer Frau gespielt wird, führt das zu reizvollen Konstellationen, die im Vergleich ungewöhnlich und originell erscheinen:

  • Die Psychoanalytikerin:
    Ingrid Bergmann ist die junge, angezweifelte Ärztin in „Spellbound“ (1945), die aber mit ihrer Diagnose Recht behält, dass der Patient, in den sie sich auch verliebt hat, unschuldig ist – und trotz der entgegengesetzten Meinung ihrer älteren, männlichen Ärztekollegen des psychiatrischen Heims und unter erheblichem persönlichen Einsatz ihre berufliche Zukunft riskiert, um seine Unschuld zu beweisen:
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  • Die mächtige (junge, gütige) Frau
    Joan Crawford ist die Mutter zweier Töchter, deren Mann gekündigt wird und die für ihre Töchter zu arbeiten beginnt, damit diese genug Geld haben. Im Film kommt es zu einer Umkehrung des Figurenpersonals, da nun eine Frau mächtig wird (finanziell, vom sozialen Status her).Abb.: Joan Crawford in “Mildred Pierce”, 1945:
    vlcsnap-2012-07-19-13h11m05s205Sie ist eine Protagonistin, die Unternehmerin ist, selbstbewusst, selbstbestimmt und unabhängig. Sie wird als Frau gezeigt, die einen Willen und einen Plan hat (und zwar einen anderen, als den nächstbesten Mann mit etwas Geld zu verführen), ihr Schicksal in die Hand nimmt und es tatkräftig formt.
    Dementsprechend heiratet sie nach der Scheidung einen eher femininen Mann (schmale Statur, Oberlippenbart, weiche Gesichtszüge, lange Wimpern), der allerdings nicht in die Rolle des sittsamen Ehemanns fällt, sondern sich an ihre Tochter heranmacht.
    Während die Frauen sonst für einen Mann alles tun, tut Mildred alles für ihre (verzogene) Tochter – und kann sie trotzdem weder charakterlich formen noch bei sich halten. Mildred wird flankiert von ihrer Mitarbeiterin und treuen Freundin sowie von ihrem ersten Ehemann, der schwach (finanziell, sexuell) und erfolglos in jeder Hinsicht ist.
    So ungewöhnlich und selbstbewusst die Inszenierung von Frauen und Männern hier ist, bleiben dennoch Artefakte stereotyper Genderzuschreibung über:
    Während „Citizen Kane“ (1941) als Mann aus Gründen seines Egos (bzw. seiner Suche nach Liebe)  handelt und scheitert, handelt Mildred in beruflicher Hinsicht nur für ihre Kinder, nicht für sich selbst – eine typische Inszenierung der verantwortungsvollen, umsorgenden Mutter.
    Nicht zu vergessen, dass sie als Kellnerin in einem Restaurant zu arbeiten beginnt, daraufhin ein Restaurant eröffnet und schließlich Besitzerin einer Restaurantkette ist – Mildred ist nicht Politikerin, Zeitungsbesitzerin oder Bankerin geworden, diese Berufe bleiben einer Hausfrau verwehrt, außer sie erbt entsprechend (vgl. „The Strange Love Of Martha Ivers“, 1946).
    Während Kanes politischer Absturz beginnt, weil er zu wenig Zeit mit seiner ihn nicht verstehenden Frau verbringt und darum eine Affäre beginnt, die ihn seine politischen Ambitionen kostet, muss Mildred scheitern, weil sie nicht sexuell aktiv, Unternehmerin und Mutter gleichzeitig sein kann: Ihre jüngere Tochter stirbt unter Aufsicht des ersten Ehemanns, während Mildred die erste Nacht mit ihrem späteren zweiten Ehemann verbringt.
    Ihre ältere Tochter entwickelt sich von einer verwöhnten, eitlen Jugendlichen zu einer extrem arroganten, eingebildeten jungen Frau (eine femme fatale im Anfangsstadium), die es für selbstverständlich hält, dass die Mutter dafür arbeitet, damit sie Geld zum Ausgeben hat.
    Dies kann man auch so verstehen, dass Mildred aufgrund ihrer Arbeit keine Zeit hatte, sich um ihre verbliebene Tochter zu kümmern und daher schuld ist, dass sie zu einer Mörderin wird. Am Ende des Films ist Mildred zerstört – seelisch, finanziell und vom Ansehen her. Im Gegensatz dazu war Kane als Mann zwar seelisch und vom politisch-gesellschaftlichen Ansehen her zerstört, aber nicht finanziell.

nächstes Kapitel: NARRATION: Beziehungen

One thought on “2.2 Figuren *”

  1. Hi Julia,

    vielen vielen Dank für das teilen deiner Diplomarbeit. Ich bin total begeistert über deine detaillierte Beschreibungen der Figuren. Zurzeit schreibe ich meine Facharbeit, über den Werdegang und Entstehung des Film noir bis zur Entwicklung des Begriffes Neo noir. Die Literatur entnahm ich überwiegend aus deinen Quellenangaben. Jedoch deine Beschreibung der Figuren im Kapitel 2.2 a.) und b.) finde ich leider nicht. Kannst du mir da weiterhelfen? Aus welchem Buch/Bücher hast du diese Auflistung der Charaktere oder hast du sie selbst formuliert?

    Vielen Dank für deine Infos vorab.

    Beste Grüsse

    Reynaldo Robles

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